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Artist Interview: Brisk Fingaz

Wer an Hip-Hop denkt, der denkt zwangsläufig auch an die damit verbundenen großen Acts. Hierbei unterscheidet sich besonders die deutsche Hip-Hop-Landschaft von der amerikanischen, in welcher Produzenten und Künstler gleichermaßen mediales Interesse genießen bzw. beide Positionen verkörpern können. Man denke hierbei zum Beispiel an Dr. Dre, Kanye West oder P. Diddy. So agieren die Produzenten in Deutschland eher hinter den Kulissen der Hip-Hop-Industrie.

Einer von ihnen ist Kai Aschemann aka Brisk-Fingaz, den wir getroffen haben und der uns spannende Einblicke hinter das Geflecht des Deutsch-Rap gewährte. Der aus Niedersachen stammende Producer nutzt seit 20 Jahren Samplitude Pro X und hat seither querbeet für diverse Künstler die Instrumentals angefertigt und sich somit ein beeindruckendes Portfolio erarbeitet: Kool Savas, Fler, Samy Deluxe, Kollegah, Farid Bang, Haftbefehl – um nur einige zu nennen. In Deutschland und Österreich wurde er für „Jung, brutal, gutaussehend 2“ von Kollegah und Farid Bang mit Gold sowie in Frankreich bzw. Belgien für „À la poursuite du bonheur“ von M. Pokara mit dreifach Platin ausgezeichnet.

Brisk Fingaz erzählt im Interview über das Produzieren, den kreativen Austausch mit Künstlern und gibt kritische Denkanstöße in Bezug auf die aktuelle Situation der Hip-Hop-Branche.

Musik – „Jede Zusammenarbeit ist eine Bereicherung und Erfahrung für mich, da die Künstler alle sehr unterschiedlich sind.“


Du hast schon mit vielen sehr bekannten deutschen Hip-Hop Künstlern zusammengearbeitet, wie z.B. Samy Deluxe, Kool Savas und Kollegah.  Welche Zusammenarbeit und Produktion hat dir bisher am meisten Spaß gemacht und wieso?

Das kann ich gar nicht so genau sagen, da es immer wieder Momente gab, die besonders waren. Egal, ob die Künstler bei mir vor Ort im Studio waren oder das Projekt nur übers Internet und Telefon abgewickelt wurde. Jede Zusammenarbeit ist eine Bereicherung und Erfahrung für mich, da die Künstler alle sehr unterschiedlich sind. Die Zusammenarbeit bei „Jung, brutal, gutaussehend 2“ von Kollegah und Farid Bang fand ich z.B. sehr cool, weil mich Farid anrief und sagte, ich solle ihm Beats schicken. Da ich aber so gut wie nichts in der Zeit produziert hatte, konnte ich ihm nur sagen, dass ich ihm nichts Großartiges schicken könnte. Er bestand aber drauf und so schickte ich ihm ein kleines Paket, worauf er wieder anrief und sagte: „Brisk, du hast den Vogel abgeschossen, wir nehmen 4 Beats für unser Album“.
Die Abwicklung und Arbeit mit Selfmade Records war sehr angenehm und dass das Album dann direkt auf die 1 ging und kurz darauf Gold in Deutschland erzielte, war für mich natürlich ein sehr besonderes Ereignis.

Damals hat mir die Arbeit mit Massiv sehr viel Spaß gemacht, weil er wirklich hungrig war und man das extrem gemerkt hat. Mit ihm konnte ich wirklich gut arbeiten. Leider war es eine Zeit, in der es Deutschrap etwas schwer hatte und die Verkäufe der Alben nicht die Erwartungen der Labels erfüllen konnten. Als er nicht mehr auf dem Major war, trennten sich leider unsere Wege.

Richtig viel Spaß hatte ich z.B. bei einem Underground-Künstler, für den ich ausführender Produzent war. Das war Mr. Knight aka Das Großmaul – „Rettet die Welt“, welches 2005 erschien. Da hatten wir wirklich sehr viel Spaß im Studio und ich denke sehr gerne daran zurück. Das war ein Liebhaberprojekt, bei dem es wirklich nur um den Spaß am Musikmachen ging. Fernab von dem Gedanken an Geld, welches auch ein wichtiges Thema auf dem Album war.

Oder das 2006 erschienene Album „Mittelweg“ von F.R. (Fabian Römer) hat auch sehr viel Spaß gemacht, da es auch eine freundschaftliche Beziehung hatte und man super miteinander Musik machen konnte. Ach ich glaube, ich könnte noch stundenlang von Kollabos erzählen, die Spaß machten (lacht).


Wie kreierst du deine Sounds und Klänge? Benutzt du Samples und adaptierst diese oder spielst du sehr viel über MIDI-Keyboard ein in Kombination mit virtuellen Instrumenten?

Ich komme aus dem Sampling und liebe einfach den warmen Sound. Natürlich spiele ich auch Bass, Streicher, Gitarren oder was noch so passt, über ein Keyboard auf das Sample ein, aber das Arbeiten mit einem Sample ist für mich das Größte. Ich liebe es, Samples zu zerschneiden und zu verändern. Es hoch oder runter zu pitchen und daraus etwas völlig anderes zu kreieren. Wenn ich etwas in einem Sample höre, was mich inspiriert, habe ich den fertigen Beat im Kopf und wie es am Ende klingen soll. Aber natürlich habe ich auch Produktionen, wo ich ausschließlich mit VSTs arbeite, ohne ein Sample zu verwenden. Ich lasse mir aber auch gerne von Musikern etwas einspielen, wenn ich etwas im Kopf habe, was ich mit meinen Keyboard-Skills nicht hinbekommen würde.


Was sind deine Lieblingsplug-ins?

Für das Produzieren benutze ich vorwiegend Kontakt von Native Instruments. Da man dort viele VSTs dazu kaufen kann und die einfach eine riesengroße Auswahl an wirklich guten Sounds haben.

Ansonsten braucht man ja nur Waves Plug-ins oder Universal Audio und man hat alles, was man braucht.


Wie sieht dein Studio-Setup aus? Setzt du eher auf analoge oder digitale Technik?

Analoge Technik wäre super, aber da hätte ich gar nicht genug Platz, da mein Studio einfach zu winzig dafür wäre. Was aber glaube ich auch besser ist, wenn ich meine Stromrechnungen so angucke. Ich fände es schon geil, Aufnahmen mit einer Bandmaschine zu machen, um den richtigen 90er Jahre Sound hinzubekommen, aber davon abgesehen wäre auch das zu viel Aufwand – und lernen müsste ich es dann auch erstmal. Also gehe ich lieber den leichten Weg und arbeite komplett digital. Auch meine MPC-Renaissance ist nur ein Controller und in Verbindung mit Samplitude im Einsatz. Ich finde den Mixer von Samplitude so geil, dass ich auch kein externes Mischpult gebraucht hätte. Und mit den ganzen Plug-ins, die es heute so gibt, braucht man das auch nicht. Ich glaube auch, dass es gar keinen Sinn machen würde, so einen Aufwand zu betreiben, wenn es am Ende nicht ausreichend bezahlt werden würde, oder die Kids es eh nicht hören, weil die lieber mit ihrem Handy irgendwelche MP3s hören.

 

Samplitude – „Bei Samplitude geht alles extrem schnell und leicht von der Hand.“


Inwiefern ist Samplitude Pro X Bestandteil deines kreativen Produktionsprozesses? Welche Funktionen beflügeln dich und warum hast du dich für Samplitude entschieden?

Ich habe es damals 1996 mit einem Kollegen von mir gekauft, um damit Produktionen und Aufnahmen zu machen. Da hat sich jetzt natürlich extrem viel verändert in den Jahren. Damals war es glaube ich auch nur als Aufnahmeprojekt gedacht oder für Radiosender, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Die Art zu produzieren habe ich aber aus der Zeit übernommen. Damals gab es keine BPM-Einstellung und so musste ich mich nach der Hi-Hat aus einem Drumsample richten, die Länge nehmen und immer wieder dran kopieren. Darunter die Bass-Drum und eine Spur darunter dann die Snare. So ist es im Groben immer noch, nur dass es schon lange die BPM-Einstellung gibt und die Drums bei mir nicht mehr so simpel aufgebaut sind.

Der Unterschied bei Samplitude zu anderen DAWs liegt meiner Meinung darin, dass man viel schneller und besser mit Waves arbeiten kann. Mein Workflow besteht nämlich überwiegend darin, mit Waves zu arbeiten, meine Drums zu setzen. Die Samples im Projekt schneiden, pitchen, timezustretchen, crossfaden. Oder fertige Vocalaufnahmen zu bearbeiten, indem man z.B. die Doubles schneidet, wenn ein Rapper mal irgendwo nicht 100% drauf gedoppelt hat. Ich mache meine Mixe über den internen Mixer und gegebenenfalls auch das Mastering. Das alles geht bei Samplitude extrem schnell und leicht von der Hand.


Du hast erzählt, dass für dich die neue Time-Pitch-Funktion bei Samplitude Pro X3 heraussticht. Benutzt du sie insbesondere für die Manipulation von Samples oder für die Korrektur von Aufnahmen?

Ich benutze die Funktion besonders gerne bei Elementen, die zu kurz sind, um sie in die Länge zu ziehen. Bei Doubles, die zu früh enden oder auch bei Samples, um sie besser anzupassen. Oder auch bei eingespielten Gitarren – wenn die nicht ganz im Takt sind, kann man sie perfekt bearbeiten, sodass man nicht unbedingt eine Crossfade-Bearbeitungsarie ausüben muss, sondern diese einfach mit der Timestretch-Funktion easy anpassen kann. Auch die Pitch-Funktion benutze ich sehr oft, um etwas besser in Tune zu bekommen. Gerade bei live eingespielten Elementen extrem gut!


Hast du einen vordefinierten Workflow oder gehst du neue Projekte immer spontan?

Meistens suche ich Samples und wenn ich eins gefunden haben sollte, setze ich eine Hi-Hat, die – ähnlich wie ein Metronom oder Raster – als Orientierung dient. Dann schneide ich im Projekt darauf das Sample und arbeite es dann mit Drums, VSTs etc. aus.

Bei Beats ohne Sample ist es im Prinzip das gleiche, mit dem Unterschied, dass ich auf die Hi-Hat die Melodien spiele. Dann erst produziere ich die Drums drunter, wenn die Melodien schon stehen.

 

Azad, Fler, Kollegah & Farid Bang
– „Fler wollte mich kennenlernen, bei der Entstehungsphase dabei sein und seine Wünsche äußern.“


Kannst du uns einmal in einen Arbeitsablauf mit Fler, Azad oder Kollegah eintauchen lassen?

In der Regel produziere ich eigentlich mit wenigen Ausnahmen erstmal die Beats und verschicke diese dann an die jeweiligen Künstler, die sich davon dann etwas aussuchen können. Dann schreiben diese darauf, nehmen es auf und schicken mir einen Bounce der Vocals, damit ich den Beat arrangieren kann. Nach Absegnen des Künstlers kann ich dann die einzelnen Spuren verschicken. Oder ich bekomme die einzelnen Spuren von den Aufnahmen und wenn alles fertig arrangiert ist, schicke ich den kompletten Song in Einzelspuren zum Mix weiter. Die Ausnahme ist, wenn Künstler direkt zu mir kommen und gegebenfalls sogar bei mir aufnehmen. Bei Fler z.B. war es so, dass er zu mir kam, um mich kennen zu lernen, bei der Entstehungsphase dabei zu sein und seine Wünsche äußern zu können. So produzierte ich einen Beat und wenn ihm etwas vom Sound nicht gefiel, sagte er es direkt, weil er eine genaue Vorstellung davon hatte, was er haben möchte. Was das Produzieren für ein Projekt für mich natürlich leichter macht. Ich finde es generell schöner, wenn der Künstler direkt vor Ort ist, wenn es um die Fertigstellung geht.

Das fand ich um die 2000er schöner. Da bin ich mit Bene von MB1000 nach Stuttgart gefahren, weil er dort einen Feature-Part für Franky Kubrick auf einen meiner Beats aufgenommen hat. Oder als ich Scratches für Originalton (Oliver Schneider von Such a Surge) gemacht habe und extra nach Köln eingeladen wurde, um sie vor Ort im Studio aufzunehmen. So etwas vergisst man einfach nicht und man hat einfach eine emotionalere Erinnerung daran. Aber zum Glück gibt es so schnelles Internet, dass man nicht mehr einen Kurier dafür bezahlen muss, um Files in ein anderes Bundesland zu fahren.


Auf dem Track „Dissen aus Prinzip“ von Kollegah & Farid Bang ist eine ziemlich markante E-Gitarre zu hören. Wurde die im Studio aufgenommen oder ist das ein Sample?

Ursprünglich war es ein Sample, welches aber aus zeitlichen und Sample-Clearing Gründen im Studio in veränderter Form nachgespielt wurde. Das war schon schwer die Gruppe ausfindig zu machen, weil es eine eher unbekannte Deutsche Heavy-Metal Band war. Ich hatte dann den Gitarristen über Facebook gefunden und angeschrieben. Leider antwortete er erst kurz vor Release und gab mir sein OK. Da war es leider schon zu spät. Dank Guitar Rig, klang es am Ende wenigstens vom Sound her wie das Original-Sample.

Der Track „Mucho Macho“ von Patrick mit Absicht hat sehr fette Drums. Kannst du uns verraten, wie du die produziert hast?

Eigentlich sind die genauso produziert wie schon beschrieben. Ich layer Drums und der Grund dafür, dass sie so klingen wie sie klingen ist einfach nur, weil es gepasst hat (lacht). Ich gehe da wirklich immer vom Gefühl aus. Bei mir muss das einfach alles passen. Der Beat war eh völlig durch und für mich musste da Drum mäßig was passieren.


Du hast erzählt, dass bei einigen der Produktionen mit Azad und Fler Musiker im Studio waren. Inwiefern stellt das eine zusätzliche Herausforderung dar – da du ja vermutlich eher gewohnt bist, alleine deine Instrumentals zu produzieren.

Wenn ich mir Musiker ins Studio hole, habe ich schon eine Vorstellung davon, was ich haben möchte. Bei Fler oder Azad habe ich einen Keyboarder eingeladen, der mir dann Passagen eingespielt hat, die ich nicht selbst hätte einspielen können. Ich sage vorher was ich in etwa haben möchte – bestimmte Oktaven oder so – und lasse ihn dann erstmal etwas spielen. Dann finde ich bestimmte Stellen, die mir so gefallen wie ich es mir vorgestellt habe und dann verfeinern wir das Ganze nach und nach.

Inwieweit greifst du in musikalische und ästhetische Entscheidungen ein, wenn du mit einem Rapper an einem Track arbeitest?
Wird dir komplett freie Hand gelassen, oder bist du eher die „ausführende Hand/Exekutive“?

Da ich die Beats in der Regel vorher produziere, habe ich da die komplette Entscheidungsfreiheit. Wenn es um Track-Ausarbeitungen geht, entscheidet am Ende natürlich immer der Künstler selbst. Aber ich scheine da schon so gut wie immer den Geschmack zu treffen, da es so gut wie kaum Änderungswünsche gab. Wenn ich mit einem Künstler im Studio bin, kann man natürlich eher mal einen Tipp geben oder zusammen auf Ideen kommen, was den Track noch nach vorne bringen könnte. Bei einer Albumproduktion, bei der ich ausführender Produzent war, gebe ich auch Themenvorschläge oder Verbesserungsvorschläge. So, dass beide Parteien am Ende zufrieden sind. Sonst habe ich mit den Texten nichts am Hut. Was natürlich immer schwierig in der Rap-Szene ist, wenn die Rapper sich untereinanander dissen und man dann teilweise zwischen die Fronten gerät, obwohl man nichts damit zu tun hat und haben will.

Brisk Fingaz „Ich war süchtig nach Scratchen und dann nach Produzieren.“


Wie hast du zum Hip-Hop gefunden und was fasziniert dich daran?

Ich war sehr Graffiti interessiert und hatte da meine Versuche. Habe aber sehr schnell gemerkt, dass ich da nicht so das größte Talent für habe und habe es seinlassen. Musikalisch habe ich damals die Fantastischen Vier gehört und fand schon immer das Scratchen sehr geil. Der Sound, die Turntables hochkant zu stellen, mit dem Mixer in der Mitte. Egal ob Audio oder optisch – ich war verliebt. Also wollte ich das auch unbedingt machen und hatte von den Fantastischen View diese “Die 4. Dimension“ Folien-Scheibe aus der Bravo und die rutschte schon sehr gut über echte Vinyl Scheiben. Also fing ich an, herauszufinden wo die Töne anfangen und ein Gefühl dafür zu bekommen. Dann hatte ich einem Kollegen von mir gezeigt, was ich da so probiere. Er meinte dann, dass er einen paar Klassen über ihm einen DJ kennt, der es voll drauf hat. Das war DJ CSP mit dem ich immer noch sehr gut in Kontakt stehe und der wie ein Bruder für mich ist. Er hatte mir die ganzen Grundtechniken beigebracht. Von Babyscratch bis Transformer-Scratch. Über ihn habe ich auch von Samplitude erfahren. Ich war süchtig nach Scratchen und dann nach Produzieren. Der Rest ist Geschichte (lacht).

Wenn es darum geht was mich an der Kultur fasziniert hat, war es das Ganze. Es war einfach eine unglaublich geile Zeit. Bomben gehen. Auf Jams gehen. Mit 30 Leuten an einem Ort abhängen, der vollgeschmiert mit Tags aus dem Marker und der Can ist. Die Hosen Baggy, die übergroßen Jacken und Timberland-Boots. Die düstere Musik. Mobb Deep, Wu-Tang, Cypress Hill, Cella Dwellas und und und. Das war ein ganz anderes Lebensgefühl, welches ich manchmal sehr vermisse. Heute hat Rap-Musik, der in den Charts stattfindet, nichts mit Hip Hop zu tun.


Was ist aus deiner Sicht die Essenz von Hip-Hop-Musik?

Das kann ich gar nicht sagen. Dafür ist es einfach zu facettenreich. Da würde ich ungerne sagen, dass es dabei um Themen über die Kultur gehen soll, denn das will doch nun wirklich keiner mehr hören. Einfach geile Beats und Raps mit gutem Flow und bestenfalls guten Texten.

 


Wer sind deine persönlichen Vorbilder in Sachen Hip Hop-Produktionen?

Auf jeden Fall DJ Premier. Für mich immer noch einer der Besten Produzenten, die es gibt. Der sein Ding schon ewig durchzieht und einen ganz eigenen Sound erfand. Und immer on Top was das Gefühl für Scratches angeht. Es gibt glaube ich niemanden, der so viel für Platin Rapper, sowie auch Underground Künstler, produziert hat wie er.


Bist du außerhalb des Studios auch total im „Hip-Hop-Modus“ oder brauchst du da im Gegenteil eher Abstand und hörst andere Genres?

Ich bin gar nicht im Hip Hop Modus. Die Zeiten sind vorbei. Aber musikalisch höre ich immer noch am liebsten genau die 90er Alben wie damals.
Aber auch anderer Musik bin ich sehr aufgeschlossen und höre bis auf Schlager oder Volksmusik, so gut wie alles. Aber ich liebe auch die 80er Popmusik.


Wo findest du Inspiration und was tust du gegen Blockaden?

Blockaden sind scheiße und nerven jedes mal. Aber meistens ist das der Beginn von etwas Neuem. Wo man sich immer weiterentwickelt.
Inspirationen hole ich mir aus jeder Musik. Da gibt es einfach so viel, was man auch für Rap-Musik verwenden kann.

Im Musikmilieu und unter Freunden, wirst du vermutlich als Brisk Fingaz angesehen – bei offiziellen Anlässen und den sich nicht in deinem Kontext bewegenden Menschen, wahrscheinlich eher als Kai Aschemann. Unterscheiden sich Kai Aschemann und Brisk Fingaz als Person? Wenn ja, inwiefern?

Ich würde behaupten das ich immer dieselbe Person bin und es da keinen Unterschied gibt. Viele private Kollegen nennen mich auch eher Brisk statt Kai.

Musikindustrie/-business „Das erste Problem liegt schon darin, dass niemand mehr Geld ausgeben muss, um Musik machen zu können.“


Wie hast du dir dein großes Netzwerk mit verschiedenen Künstlern für die du produziert hast, erarbeitet?

Erst über das Arbeiten für andere Künstler. Zum Beispiel Pal One, für den ich 2005 den Großteil seines Albums „Palwolf“ produziert hatte, worauf mich dann Jonesmann, Azad und Kool Savas angerufen haben und auch Beats geschickt bekommen wollten.
Dann lief es so weiter bis es dann Myspace gab. Da konnte man dann direkt von Künstler zu Künstler Kontakte knüpfen und letztlich über Facebook.


Clichéehaft gefragt: ist das Geschäft im Hip-Hop „härter“ als bei anderen Genres?

Auf jeden Fall. Ich kenne viele aus anderen Musik-Genres. Ich glaube kein Genre hat so viele Künstler, die einen kriminellen Hintergrund oder Umfeld haben. Dazu werden die Beefs immer ernstzunehmender, die nicht nur auf Disstracks stattfinden. Natürlich sind die meisten Beefs dabei reine Promo, aber eben leider nicht jeder.

Hast du den Film „Wild Style“ von Charlie Ahearn gesehen? Dieser gilt als der erste Hip-Hop (Dokumentar) Film der Geschichte und stellt auch heute noch einen Meilenstein dar, wenn es um die Aufarbeitung der Entstehungsgeschichte der Kultur geht. Wie hat sich deiner Meinung Hip-Hop als Kultur und als Musik in seiner Ausdrucksform verändert, wenn man die spät 70er bzw. anfang 80er Jahre mit heute vergleicht?

Ich habe den Film natürlich gesehen, aber das ist mittlerweile so lange her, dass ich dazu nichts wirklich sagen könnte. Leider habe ich diese Zeit auch nicht miterlebt, um darüber reden zu können. Was man so aus den Filmen und Reportagen herausnehmen kann ist, dass es dort ja schon etliche Unterschiede zu den 90ern, 2000ern oder der heutigen Zeit gibt. Ich würde aus dem was ich glaube zu wissen, sagen, dass sich damals diese Kultur “Hip Hop“ entwickelt hat und mittlerweile gesplittet hat und es diese Kultur in diesem Sinne gar nicht mehr stattfindet. Aber das ist auch nur meine Sicht der Dinge, die komplett falsch sein kann.


Durch die „Demokratisierung der Produktionsmitteln“ können heutzutage immer mehr Leute für weniger Geld Equipment anschaffen und in Personalunion einen Song anfertigen. Diese Veränderungen der Produktionsprozesse kann durchaus einen Einfluss auf die Auftragseingänge für professionelle Studios haben. Hat das aus deiner Sicht auch dazu geführt, dass die Rolle und Expertise des Produzenten immer mehr in den Vordergrund rückt, da viel Studios über ähnliches Equipment verfügen?

Das erste Problem liegt schon darin, dass niemand mehr Geld ausgeben muss, um Musik machen zu können. Musikprogramme werden geladen, sowie die VSTs oder Plugins. Die PCs kosten nicht mehr viel Geld und schon kann man loslegen. Es gibt so viele Beatbauer da draußen, die vielleicht Gras verticken oder Harz 4 bekommen, um ihr Leben zu finanzieren. Diese sind somit nicht auf das Geld für ihre Produktionen angewiesen. Jeder macht vielleicht mal einen Beat, der dann von einem Künstler gepickt wird. Geld will er nicht. Nur das Release, um sich zu freuen, dass er für seinen Helden mal einen Beat gemacht hat. Das kann ich natürlich sehr gut nachvollziehen, aber das macht das Geschäft natürlich immer mehr kaputt.

Wenn ich vergleiche was man so Anfang der 2000 verdient hat und wie die Preise nach den schlechten Verkäufen und den MP3 Downloads Mitte 2000 gesunken sind – da ging es preislich nicht mehr wirklich Berg auf. Die Verkäufe sind heute wieder stabil und Rap-Musik ist das erfolgreichste Genre – abgesehen von Schlager – welches es momentan gibt. Aber da es so viele Beatbauer gibt, die ihre Ware einfach rauswerfen, kann da auch nichts passieren. Das macht das Geschäft immer härter, weil es am Ende egal ist, wie professionell man ist. Letzten Endes geht es um Geld. Viele Künstler nehmen dann eben Beats die nichts kosten, damit sie mehr Geld verdienen können. Das schlimme ist, dass man es denen nicht einmal verübeln kann. Das Problem sind die, die ihre Beats umsonst rauswerfen oder für Preise, wovon kein Mensch leben kann.

 

Weiterführende Links:

Brisk Fingaz bei Facebook: https://de-de.facebook.com/originalBriskFingaz
Brisk Fingaz bei Soundcloud: https://soundcloud.com/brisk-fingaz
Brisk Fingaz‘ Wikipedia-Eintrag: https://de.wikipedia.org/wiki/Brisk_Fingaz

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