28. January 2022

Eine Frage der Perspektive: Der richtige Blickwinkel für Ihre Filme

Eine Frage der Perspektive:
Der richtige Blickwinkel für Ihre Filme

Die Kamera ist das Auge des Zuschauers. Wie sie auf ein Motiv gerichtet ist, nimmt Einfluss auf die Wirkung und Stimmung einer Szene. Deswegen macht es Sinn, Perspektiven mit Bedacht auszuwählen. Wir zeigen dir, welche Einstellungen welche Effekte hervorrufen.

Perspektive:
Schau mir in die Augen, Kleines!

Beginnen wir mit dem Offensichtlichen – und der Perspektive, die wohl die meisten Filmemacher intuitiv nutzen: Das das Motiv wird auf Augenhöhe gefilmt. Neutrale Szenen oder Dialoge können so gut eingefangen werden.

Doch sobald du die vertikale Achse der Linse veränderst, bekommt die Szene eine Färbung. Eine Person wirkt plötzlich übermächtig oder sogar bedrohlich auf den Zuschauer, wenn du sie von oben in die Kamera blicken lässt. Beim Filmen aus der Untersicht richtest du dein Objektiv von unten auf das Motiv. Auch Objekte können so viel beeindruckender erscheinen, als sie es tatsächlich sind. Mit der Froschperspektive wird es noch extremer. Die Kamera filmt dann unmittelbar vom Boden aus. Veränderst du den Winkel der Kamera nun weiter Richtung 90 Grad, wirkt alles wie im Zwergenland. Begrenzende Achsen wie der Horizont verschwinden und auch Hintergründe können ausgeblendet werden.

Hältst du die Kamera von oben auf das Motiv gerichtet nach unten, erhältst du das Gegenteil der Untersicht, die sogenannte Aufsicht. Großen, beängstigenden Dingen kann mittels der Sicht von oben der Schrecken genommen werden. Auch hier gibt es eine Extreme: Die Vogelperspektive. Wer von oben auf eine Szene blickt, hat die Übersicht.

Eine ungewöhnliche Perspektive ist die Schrägsicht (auch „Dutch Angle" genannt). In Verbindung mit extremer Auf- oder Untersicht erzeugt diese Sichtweise eine ganz eigene Kraft. Angst, Stress oder auch drohende Gefahr werden durch die extreme Abweichung von der Normalperspektive bildlich übersetzt.

Einstellungsgröße:
Auf die Pelle rücken oder Distanz wahren?

Die Perspektive bestimmt, wie die Kamera auf das Objekt gerichtet ist. Mit der Einstellungsgröße kannst du nun noch bestimmen, was der Zuschauer in einem Bildausschnitt sieht. Oder anders gesagt: Du legst die Entfernung zu Objekt, Mensch oder Tier fest.

Bei der Supertotalen sind Menschen kaum zu sehen und wenn, dann nur ganz klein. Vielmehr dient diese Einstellung dem Zuschauer als Orientierungshilfe. Möchtest du hingegen zeigen, in welcher Umgebung sich die Protagonisten deines Filmes befinden, filmst du aus der Totalen. Dabei zeigst du den Protagonisten mit einem Maximum seiner Umwelt bzw. des Raumes, und zwar so, dass der Kontext für den Zuschauer glasklar wird. Mensch lehnt neben Kühlschrank und Spüle an einer Wand?

Alles klar: Die Szene spielt in einer Küche. Die Totale wird meist als Establishing Shot verwendet – also als Einführung zu Beginn einer neuen Szene. Die halbtotale Einstellung zeigt den Menschen vollständig abgebildet im Vordergrund, ohne näher auf das Umfeld einzugehen. Diese Einstellung eignet sich vor allem bei Menschengruppen und deren Aktionen.

„Peng-Peng, you're dead!": Für den unwahrscheinlichen Fall, dass du einen Western drehst, nutzt du die amerikanische Einstellung. Der Bildausschnitt zeigt die Person von den Knien aufwärts. Der Fokus liegt auf das Ziehen des Revolvers, bei der die Bewegung von Armen und Händen sichtbar gemacht wird. Vielleicht aber auch in Zeiten des Smartphones wieder gefragt?

Das Gespräch:
"Schatz, wir müssen reden"

Wenn du Unterhaltungen inszenieren möchtest, hast du verschiedene Möglichkeiten:

1. Filme deine Darsteller von der Hüfte bis zum Kopf. Der Zuschauer kann so genau beobachten, wie die Gesprächsinhalte durch Mimik und Gestik transportiert werden. Die Halbtotale unterstützt bei der Urteilsfindung und nimmt den Zuschauer mit in die Situation.

2. Die Nahaufnahme verzichtet im Unterschied zur Halbtotalen auf unterstützendes Gestikulieren. Der Bildausschnitt beginnt oberhalb des Bauches und endet mit dem Kopf – bestens geeignet für Dialoge.

3. Mit der Großaufnahme filmen Sie das Gesicht. Diese Aufnahme lässt Vertrautheit zu und gewährt tiefe Einblicke in die Gefühlswelt. Schauspieler müssen bei dieser Kameraeinstellung ihr ganzes Können unter Beweis stellen: Nur die Mimik zählt!

Im Detail liegt eine ganze Welt

Soll die Aufmerksamkeit gezielt auf ein Detail gelenkt werden, halten Sie die Linse auf diesen Ausschnitt vom Ganzen. Mit Hilfe von Detailaufnahmen kannst du Elemente hervorheben, die wichtig für die Handlung sind oder dem Zuschauer besonders interessante Einzelheiten aus der Nähe zeigen. Ein Beispiel: Wird bei einem Schusswechsel das leere Magazin gefilmt, ist dem Zuschauer sofort klar, dass der Besitzer der Waffe nun ein Problem hat.

Ende gut, alles gut

Mach dir immer bewusst, dass du entscheidest, was der Zuschauer wie sehen soll. Durch die bewusste Wahl von Perspektiven und Einstellungsgrößen kannst du deinen Videos natürlich auch deine persönliche Handschrift verleihen. Spiel am besten etwas herum einfach – durch die Varianz entstehen Stimmung, Tempo und Geschichte.

Es kann aber auch sehr hilfreich sein, im Voraus ein Storyboard (https://www.magix.com/index.php?id=26645&L=25) zu erstellen – so kannst du dir schon vor dem Dreh Gedanken zur Art der Aufnahmen machst, die du erstellen möchtest.